WIRRWARR WAR MORGEN - GESTERN IST VORBEI. SEI LEISE DU SCHWEIGST ZU LAUT.

Mittwoch, 22. Juni 2011

"Es fühlt sich an wie Warten auf das Ende.."

Immer noch. Man fragt mich, wieso ich ein Leben beenden will, dass noch nicht begonnen hat. Man hat doch nichts zu verlieren. Wieso nicht wagen? Wo ist die Neugier, wo der Wille und vor allem wo ist mein Weg. Gibt es ihn, gibt es ihn nicht. Eigentlich drehe ich mich doch nur im Kreis. Immer und immer wieder um die eigene Achse. Und wenn man dann stehen bleibt, verschwimmt die Welt vor den Augen. Alles ist unklar, wirr und ineinander verworren. Ein Dauerzustand? Ich denke, ja.


(original by meriirem @ deviantART)


Augen, verschwollen und von Schatten untermalt, das eigene Spiegelbild anstarrend. Gerötet, kein einfacher Rausch. Herzklopfen - nein, Herzrasen. In den Adern pocht ein Puls aus Stahl, alles ist unnatürlich. Knochige Hände stützen sich auf den Rand des Waschbeckens, vergraben sich anschließend in der zerzausten, schwarzen Mähne. Der Kopf senkt sich, die Augen verschwinden aus dem Spiegel. Immerhin schaut man sich selbst nicht mehr an. Ein Wimmern zerschneidet die Stille. Erst leise, dann gefolgt von einem lauten Schluchzen. Die Musik geht los. Viel zu laut. Aber es soll doch niemand hören. Niemand soll es sehen. Der Körper krümmt sich, ein stechender Schmerz zieht durch die Brust, stetig begleitet von stummen Schreien. Dann ist alles vorbei. Es klopft an der Tür, die Musik verstummt. Ein handrücken wischt die Tränen weg, dünne Finger streichen das T-Shirt glatt und zupfen die Haare zurecht. Ein aufgezwungenes Lächeln umspielt die Mundwinkel, die Tür geht auf. Alles scheint in Ordnung. Ein paar Stunden Ruhe vor dem Terror im Kopf. Oder ...?


Ich habe mich jetzt lange nicht gemeldet. Ich weiß auch nicht warum. Ich wollte, doch jedes Mal, wenn ich versucht habe etwas zu schreiben, kam etwas dazwischen. Meistens ich selbst. Da ich nun aber gestern mehr schlecht als recht meine zweite Stunde hinter mich gebracht habe, ist es wirklich an der Zeit für ein paar Worte.
Viel gesprochen wurde wieder nicht. Mehr von ihr, als von mir. Etwas anderes habe ich auch nicht erwartet. Sie hat mich gefragt, ob ich schon einmal daran gedacht habe auszuziehen. Ob ich vielleicht eine Option darin sehe, etwas mehr auf mich gestellt zu sein. Sie meinte, dass macht in vielen Fällen "weniger depressiv". Natürlich habe ich schon daran gedacht, doch mir fehlen Mittel und Wege es umzusetzen. Sie fragte, was ich glaube wie lange meine Eltern das ganze noch mitmachen würden und sagte im gleichen Atemzug "Natürlich setzt man eine kranke Tochter nicht einfach so auf die Straße..."
Krank. Vor dieser Tatsache versuche ich schon seit Ewigkeiten die Augen zu verschließen und auch gestern musste ich feststellen, dass ich nach wie vor versuche mir anzureden, ich sei alles andere als krank. Ich will die Wahrheit nicht sehen und meinen Zustand nicht als krank ankzeptieren. Eigentlich weiß ich gar nicht was ich will und diesbezüglich wird mir auch kein Therapeut der Welt helfen können. Logischer Weise bin ich mir darüber im Klaren, dass ich Mitschuld daran trage, dass sich nichts ändert. Wenn man keine Hilfe will und jede ausgestreckte Hand nur mit einem müden Lächeln zurück weist, darf man nicht erwarten, dass eine Besserung einfach schlagartig eintrifft. Aber das tue ich ja auch nicht. Im Gegenteil. Wenn man es ganz genau betrachtet, warte ich lediglich auf den Knall der mir sagt, dass alles vorbei ist. Auch wenn es sinnlos ist darauf zu warten. Es kann morgen sein, oder in einer Woche, vielleicht aber auch nie. Man weiß es nicht. Motivation sich aufzuraffen ist nicht da und auch mein Umfeld mag nicht verstehen, dass ich den ganzen Kram mit Sicherheit nicht wegen mir mache. Mum bildet sich anscheinend immer noch ein zu wissen, was ich denke. Sie tut es nicht. Niemand. Manchmal weiß ich es selbst nicht, habe den Drang meinen Kopf einfach gegen eine Wand zu schlagen, damit es aufhört. Ich werde verrückt - wahnsinnig. Nichts was das Chaos hinter meiner Stirn stoppen kann. Ich komme mir vor wie eine Irre. Krank.

Ansonsten waren es gestern nicht ganz vierzig Minuten die ich aushalten musste und trotzdem kam es mir vor, als würde ich Stunden auf diesem Stuhl zubringen. Meine Knie haben gezittert und wie beim ersten Mal habe ich abwechselnd von der Decke zum Boden gestarrt und wieder zurück. Sie sagte zu mir, dass die Gespräche mit ihr nicht auf langfristige Zeit angesetzt sind. Ein bis zwei Termine, dann muss ich weiter. Sie sind dort nunmal eher auf Kinder und Jugendliche spezialisiert. Man wird mir nicht weiter helfen können, geschweige eine engere Bindung aufbauen können. Aber will ich das? Ich habe ihr gesagt, dass mich das nicht stört. Je schneller ich wieder allein sein kann, desto besser. Doch darauf kann man es nicht beruhen lassen - das sagte sie auch. Sie hat mir Adressen gegeben, an die ich mich wenden kann, doch alles, was auf meinem Zettel steht, sind Kliniken die nur stationär behandeln. Und genau das will ich nicht. Ich will mich nicht von meinen, zwar verhassten, aber dennoch vertrauten vier Wänden trennen. Dann habe ich nichts mehr, was mir in irgendeiner Art und Weise Rückhalt gibt. Mich wird nichts mehr schützen.

Nachdem das Gespräch zu Ende war, wollte sie noch einmal mit meiner Mutter reden. Fünf Minuten, mehr nicht. Ich bin im Gang auf und ab gelaufen. Das Zittern wollte ich aufhören und ich hatte das Bedürfnis zu schreien. Mum kam nach draußen, irgendwie komisch. Und was bekomme ich auf dem Weg zum Auot gesagt? Ich soll zum Arzt. Mich durchchecken lassen. Sie haben meinen BMI ausgerechnet der momentan, bei etwa 16,5 liegt. Ab einem BMI von 18, kann man eingwiesen werden. Na wunderbar. Noch eine Baustelle, mit der ich mich nicht befassen will. Magersucht, hat sie gesagt. Ich bin aggressiv geworden, auch wenn ich es nicht wollte. Nein, kam es von mir. Ich bin nicht magersüchtig. Aber eine Essstörung. Na wenn du meinst. Es hängt doch ohnehin alles irgendwie zusammen. Doch nun habe ich mehr und mehr das Gefühl, dass man mich abschieben will, auch wenn ich weiß, dass es im Grunde nicht so ist. Sie ist ratlos, will nur, dass mir geholfen wird. Sie will, dass ich wieder lachen kann und weiß selbst nicht weiter. Deswegen sucht die Rat bei anderen. Anderen vor denen ich mich noch mehr verschließe. Ich werde mir immer selbst im Weg stehen, dass brauch man mir nicht zu sagen. Ich lasse es nicht zu, dass in meine Dunkelheit auch nur ein Lichtfunke strömt. Ich verschließe alles.

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